Dr. Benedikt Weibel

Wirtschaftskapitän und Publizist

«Wer langsam geht, geht gut, wer gut geht, geht weit»

Entdecken Sie mit SBB-Legende Benedikt Weibel zwei magische Orte: die Göscheneralp und das Ochsental. Ob sportlich oder genussvoll – die einzigartige Reise «WWW – Wandern, Wein & Weibel» hält für jeden Gast die passende Tour bereit. Der edelline Gastgeber und Bergführer spricht über Panik in der Wand, den Tag, der sein Leben veränderte und über die Höhepunkte der Wanderreise.

Auszüge aus dem Interview mit Dr. Benedikt Weibel gibt’s weiter unten als Video.

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Wer bist Du?
Ich heisse Benedikt Weibel. Seit frühester Jugend bin ich Berggänger und seit mehr als der Hälfte meines Lebens Eisenbahner.

Mit welchen fünf Worten würde Dich Deine Familie beschreiben?
Bildungshungrig, energiegeladen, neugierig, optimistisch und voller Tatendrang.

Dein grösstes Talent?
Ich habe gelernt, komplexe Tatbestände auf das Wesentliche zu reduzieren.

Deine grösste Schwäche?
Das sollen andere beurteilen (schmunzelt). Ich bin manchmal sehr ungeduldig und habe einen Hang dazu, andere Menschen beim Sprechen zu unterbrechen. Das ist der Gegenpol zu meiner Energie.

Was ist Deine liebste Freizeitbeschäftigung?
Ich habe nicht eine liebste Freizeitbeschäftigung. Ich bin gerne in der Natur unterwegs. Schon von Kindesbeinen an war ich mit meinem Vater zum Klettern in den Bergen. Was mich ebenfalls zeitlebens begleitet ist die Literatur. Ich bin ein manischer Leser. Nebst Tages- und Wochenzeitungen lese ich auch Bücher – mehrere gleichzeitig.

Hast Du ein Lieblingsbuch?
Nein, das habe ich nicht. Wenn ich aber eines erwähnen muss, das mich begeistert, so ist es «Die Kulturgeschichte der Neuzeit» von Egon Friedell. Das 1929 erschienene Werk hat drei Bände und etwa 1500 Seiten. Deshalb beschäftigt es mich schon seit über einem Jahr. Durch einen Artikel im deutschen Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» im Kontext der Corona-Pandemie wurde ich auf dieses Buch aufmerksam. In diesem Bericht stand, dass die Neuzeit ebenfalls mit einer hochansteckenden Infektionskrankheit eingeleitet worden war – mit der Pest. Ich bin jetzt auf der Seite 1060 angelangt.

Welches ist Dein Lieblingslied und was bedeutet es Dir?
«Like A Rolling Stone» von Bob Dylan. Dieses Lied ist für mich der Groove der 1960er Jahre. Ich habe das grosse Glück gehabt, diese aufregende Zeit im Alter zwischen 14 und 24 Jahren intensiv erleben zu dürfen. Unbeschwerter und lockerer als in den 1960er Jahren wird es in der Menschheitsgeschichte wahrscheinlich nie mehr zu- und hergehen. In dieser Phase war alles positiv; ich hatte Träume, der Song «Like A Rolling Stone» begleitete mich überall hin. Über diese Zeit habe ich später ein Buch geschrieben: «Das Jahr der Träume – 1968 und die Welt von heute».

Worauf bist Du am meisten stolz?
Stolz ist eine Eigenschaft, die nicht so recht zu mir passt. Ich würde eher von Freude sprechen. Gefreut haben mich meine ersten Tage als SBB-Chef Anfang 1993. Alle meine Vorgänger sassen stets im Ausschuss des Verwaltungsrats der Swissair. Sie gehörten zur Crème de la Crème der Schweizer Wirtschaftselite. Ich verzichtete jedoch auf einen solchen Einsitz, denn mir war sofort klar: Die SBB hatte so viele Probleme, dass ich meine ganze Energie für die Eisenbahn einsetzen wollte. Dieser Entscheid löste bei mir zu Hause nicht nur Freude aus, flogen die VR-Mitglieder der Swissair doch in der First-Class um die Welt (lacht). Acht Jahre später hat sich mein Entschluss als glücklicher Umstand erwiesen… (Swissair-Grounding 2001, die Red.).

Worauf kannst Du nicht verzichten?
Auf die tägliche Bewegung von Körper und Geist. Sie ist in jeder Lebensphase zentral.

Wovor hast Du am meisten Angst?
Angst ist ein Gefühl, das ich in meiner jetzigen Lebensphase nicht mehr verspüre. Elementare Angst beim Bergsteigen ist mir von früher her aber wohlbekannt. Diesen Moment in einer steilen Dolomitenwand werde ich nie mehr vergessen: Beim Vorstieg wurde ich von meiner 15 Meter hinter mir stehenden Frau gesichert. Auf einmal rief mir ein Bergsteiger, der eine andere Route kletterte, zu, dass ich einen falschen Weg eingeschlagen hätte. Ich habe beim Vorangehen schon gemerkt, dass ich mich in einer brenzligen Lage befand. Für den Bruchteil einer Sekunde geriet ich in Panik, hatte unglaubliche Angst. Dann erforderte die Situation aber totale Konzentration. Entschlossen stieg ich wieder ab, was deutlich schwieriger war als aufzusteigen.

Dein letzter grosser Frust?
(denkt lange nach) Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass im vergangenen Jahr all meine aufgegleisten Veranstaltungen weggebrochen sind. Frustriert bin ich deswegen aber nicht, denn ich habe eine der wichtigsten Eigenschaften im Leben gelernt: sich nicht über Umstände ärgern, die man nicht beeinflussen kann.

Welches Erlebnis hat Dein Leben nachhaltig geprägt?
Der 8. März 1994 hat mein Leben total verändert. Ich war auf dem Weg zu einer Sitzung mit der Generaldirektion, als mir im Gang Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung entgegeneilten. Sie teilten mir mit, dass sich ein schwerer Unfall ereignet hätte. Ein Zug mit Erdöl- und Benzinwaggons sei explodiert. Ich wurde sofort in ein Polizeiauto gebracht und mit Blaulicht nach Zürich-Affoltern geführt. Was ich am Ort des Geschehens angetroffen habe, war grauenhaft, rundherum brannten Hochhäuser, schwarze Rauchwolken stiegen auf. Es war wie im Krieg. 13 Tage später ereignete sich im Bahnhof Däniken ein weiteres, unfassbares Unglück. Ein auf dem Geleise stationierter Kran schlitzte einen vorbeifahrenden Zug auf. Neun Menschen sind dabei gestorben. Das waren für mich Grenzsituationen.

Wechseln wir zu einem erfreulicheren Thema: Was gefällt Dir besonders gut an Deiner Berufung als Reisegastgeber?
Die Interaktion mit den Gästen und die Vorbereitung. Beim Reisen ist die Vorfreude die schönste Freude. Eine Reise anhand von Erinnerungen, neuen Ideen und entsprechendem Kartenmaterial akribisch zu gestalten, bereitet mir ungemein Spass. Die Organisation ist ein wesentlicher Teil des Reiseerlebnisses. All dies merkte ich wieder, als ich die schöne Reise «WWW – Wandern, Wein & Weibel» geplant habe. Wenn es mir gelingen sollte, meine Begeisterung für die Natur und Bergwelt mit den Gästen zu teilen, würde mich dies mit Freude erfüllen.

Welches ist Deine bisher emotionalste Reise gewesen?
Vor zehn Jahren fuhr ich mit meiner Frau Verena mit dem Velo von Istanbul nach Bern. Schon der Transport der zwei riesigen Velokisten war ein kleines Abenteuer. Der Taxifahrer am Flughafen in Istanbul machte jedenfalls grosse Augen, als wir auf ihn zusteuerten (lacht).

Welches ist Dein Sehnsuchtsort in der Schweiz?
In der Schweiz habe ich zwei Sehnsuchtsorte, in denen meine beiden Lieblingsberge stehen. Im Göscheneralptal der Salbitschijen. Das ist eine Kathedrale aus Granit, ein weltbekannter Kletterberg mit dem spitzesten Gipfel, den ich kenne. Der zweite Sehnsuchtsort sind die Engelhörner im hinteren Rosenlauital. Der Kingspitz ist der markanteste Gipfel der insgesamt 23 Gipfel der Engelhörner. Im Wohnzimmer hängt je ein Bild meiner Lieblingsberge. Wenn ich diese beiden Berge sehe, kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Weshalb nicht?
Manchmal habe ich am Montagmorgen in der Schule gefehlt. Weil ich zuerst irgendwo absteigen musste (schmunzelt).

Welches ist Dein Sehnsuchtsort im Ausland?
Für mich sind die Calanques zwischen Marseille und Cassis der schönste Platz der Welt. Die zerklüftete Felslandschaft ist geprägt von langen Fjorden, schneeweissen Kalkwänden, die bis zu 150 Meter steil ins Meer abfallen und vom angenehmen Geschmack von Lavendel, Rosmarin und Thymian. Die Routen im Mekka der Kletterer sind anspruchsvoll, der Tiefblick sehr speziell: Zwischen den Füssen kursieren die Schiffe.

Wenn Du wüsstest, dass morgen die Welt unterginge, was würdest Du noch tun?
Ich würde sofort nach Hause fahren, mit meiner Frau in den Garten gehen und im Strandkorb ein schönes Weizenbier trinken.

Wie kam es dazu, dass Du als Gastgeber mit edelline die Reise «WWW – Wandern, Wein & Weibel» organisiert hast?
Thomas Wälti vom Reiseunternehmen edelline kontaktierte mich zu Beginn der Corona-Pandemie. Die Anfrage kam aus heiterem Himmel. Sie freute mich aber sehr. Es war spannend, gemeinsam mit edelline die einzelnen Tagesetappen der Wanderreise zu entwickeln.

Wie wichtig für Deine Zusage als Gastgeber ist die Tatsache gewesen, dass diese Reise in der Schweiz stattfindet?
Das war damals kein Thema. Wegen Corona kamen ohnehin nur Reisen in der Schweiz in Frage. Das ist wunderbar. Im Mikrokosmos Schweiz gibt es so viel zu entdecken.

Was möchtest Du unseren Gästen auf dieser Reise vermitteln?
Das Gefühl für Rhythmus und Bewegung. Wir haben vorhin über Ängste gesprochen. Mir war es wichtig, sichere Strecken auszuwählen. Wir wandern im äussersten Fall auf Bergwegen mit weiss-rot-weisser Markierung. Wir unternehmen keine Monstertouren, lassen die grandiose Bergwelt aber dennoch auf uns wirken. Nach den Wanderungen geniessen wir ein verdientes Weizenbier oder eine prickelnde Schorle und freuen uns am Leben, das in diesem Moment einfach nur schön ist.

Welche Höhepunkte warten auf unsere Gäste?
Wir werden uns überwiegend in einer Gegend abseits der Touristenströme aufhalten. Zu dieser Region habe ich einen starken Bezug. Die Wanderreise soll unseren Gästen viele Aha-Erlebnisse bescheren. Nebst dem Göscheneralptal ist das Ochsental ein magischer Ort und eigentlich nur in Insiderkreisen bekannt. Ich möchte aber nicht zu viel verraten, sonst pilgern die Leute nicht ins Appenzellerland, sondern ins Ochsental.

Wie fit sollten die Teilnehmer*innen sein?
Bei der Planung war es mir wichtig, jeweils zwei Tagesprogramme auszuarbeiten: Eines für sportliche Gäste, eines für Genusswanderer.
Unsere sportlichen Gäste sollten in der Lage sein, eine vier- bis fünfstündige Wanderung in einem guten Rhythmus zu laufen. Grundkondition und eine gewisse Trittsicherheit sind dafür Voraussetzung. Ich zitiere gerne das Bonmot des österreichischen Bergsteigers Kurt Diemberger, Erstbesteiger der Achttausender Broad Peak und Dhaulagari: «Wer langsam geht, geht gut, wer gut geht, geht weit.»
Für Genusswanderer bieten wir jeden Tag eine leichte Wanderung an. Gemütlich nach dem Motto: «In der Kürze liegt die Würze».

Was dürfen die Gäste beim Kofferpacken auf keinen Fall vergessen?
Kälteschutzjacke und Nässeschutz.

Interview: Thomas Wälti


 

SBB-Legende und Bergführer

Benedikt Weibel wurde am 15. Oktober 1946 in Thun geboren. Er ist in Solothurn aufgewachsen. Der Doktor in Betriebswirtschaft ist ein Schweizer Wirtschaftskapitän. Nach seinem Eintritt bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) 1978 kletterte er im Unternehmen kontinuierlich die Karriereleiter hoch. Von 1993 bis 2006 war er SBB-Chef. Unter seiner Leitung hat sich die SBB von einer schwerfälligen, defizitären Institution in ein effizientes und marktnahes Unternehmen transformiert.

Von 2003 bis 2006 präsidierte Benedikt Weibel den Weltverband der Eisenbahnunternehmen. Von 2003 bis 2007 gehörte er dem Verwaltungsrat der französischen Staatsbahn (SNCF) an. In den Jahren 2007/2008 war er Delegierter des Bundesrates für die Fussball-Europameisterschaft 2008. In dieser Funktion hat er massgeblich zum guten Gelingen dieses grössten je in der Schweiz durchgeführten Anlasses beigetragen. Bis 2016 war Benedikt Weibel Professor für «Praktisches Management» an der Universität Bern. Heute ist er Publizist und Vorsitzender des Aufsichtsrates der WESTbahn, einer privaten Bahn, die Züge zwischen Wien und Salzburg betreibt.

Seit seiner frühesten Jugend hält sich Benedikt Weibel in den Bergen und in den Felsen auf. Schon als 17-Jähriger bestieg er die Nordostwand des Piz Badile im Bergell. 1971 erwarb er das Bergführerpatent. Benedikt Weibel ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern. Er wohnt in Muri bei Bern.

 

«Ich habe mich unglaublich über die Anfrage gefreut, gemeinsam mit edelline eine Wanderreise auszutüfteln.»

Wir haben mit Benedikt Weibel über die gemeinsame Reise gesprochen. Hier erfahren Sie mehr:

Hier geht's zum kompletten Interview mit dem ehemaligen SBB-Chef und Bergführer Benedikt Weibel:

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Impressionen von Benedikt Weibel


Bilder: Benedikt Weibel, ZVG