«Warum bin ich Depp nicht einfach Schlosser geworden?»

Interview mit Hans Knauss

Hans Knauss hat die edelline-Wandergruppe im Sommer über die gefährlichste Piste des Skiweltcups geführt. Der Sieger der Streif-Abfahrt 1999 spricht über seine erste Fahrt in der eigenen Gondel, die Angst im Starthaus und Professor MvG.
 

Du hast 1999 die Streif-Abfahrt gewonnen. Mit welchen Gefühlen kehrst Du nach Kitzbühel zurück?
Hans Knauss:
Die Rückkehr nach Kitzbühel ist für mich stets mit vielen Emotionen verbunden. Heute fuhr ich zum ersten Mal in meiner eigenen Gondel den Berg hoch – mehr als 20 Jahre nach meinem Sieg. In der Kabine ist mir bewusst geworden, welch grosse Bedeutung die Hahnenkammrennen auf der Streif und dem Ganslernhang haben. Hier zu gewinnen ist die Krone im Skisport.

Welche Passage auf der Streif hat Dich am meisten beeindruckt?
Als wir unterhalb der Mausefalle standen und zur Kante hochschauten, bemerkte ich, wie die Gäste nachdenklich wurden. Sie hatten grossen Respekt vor dieser Schlüsselstelle und fragten sich vermutlich, wie es die Rennfahrer mit Abfahrtsski schaffen, bis zu 60 Meter weit den Grat runterzuspringen. Das Schöne an dieser Wanderung: Die Teilnehmer kannten jede Passage auf der Strecke, was mich sehr gefreut hat. Ich hatte es mit Skifans zu tun.

Was wolltest Du unseren Gästen auf der Wanderung vermitteln?
Jeder Skirennfahrer, der es auf der legendären Streif ins Ziel schafft, ist ein Held – nicht nur der Sieger. Ich wollte den Gästen veranschaulichen, wie schwierig es ist, hier runterzufahren. Ausserdem war es mir wichtig, der Wandergruppe einen feinen und aufschlussreichen Tag zu bieten. Ich hoffe, dass mir dies gelungen ist. Ich hatte auf jeden Fall viel Spass.

Du hast unterwegs zahlreiche Anekdoten zum Besten gegeben. Erzähle den Daheimgebliebenen doch eine kurze Geschichte.
Als ich 1996 zum ersten Mal im Starthaus von Kitzbühel stand – ich gebe es ja zu –, hatte ich wahnsinnigen Respekt vor der Streif und ganz schön Schiss. Das erste Training war von fürchterlichen Stürzen geprägt. Vor meinem Einsatz flog der Helikopter vier Rennläufer von der Piste direkt ins Krankenhaus. Ich startete mit der Nummer 34 ins Rennen. Zweieinhalb Stunden musste ich auf meinen Einsatz warten. Da schossen mir allerlei Gedanken durch den Kopf. Meinem Teamkollegen Peter Rzehak erging es genauso. Auf einmal sagte Peter Rzehak im Starthaus zu mir: «Ach, warum bin ich jetzt nicht einfach daheim bei meinem kleinen Sohn?» Ich erwiderte: Und warum bin ich Depp nicht einfach Schlosser geworden und sitze jetzt daheim bei Bier und Schnitzel? Drei Jahre später standen Peter Rzehak und ich in Kitzbühel gemeinsam auf dem Stockerl. Ich gewann das Rennen, er wurde Zweiter.

«Wir schaffen Begegnungen mit Insidern, bringen Menschen zusammen und werfen einen Blick hinter die Kulissen von Gesellschaft, Kultur und Sport» ist unsere Corporate Identity. Findest Du unsere Wanderreise «Auf den Spuren der vier Ski-Klassiker» zeitgemäss?
Auf jeden Fall. Der Skisport verbindet. Ich habe auf dieser Wanderung wunderbare Menschen kennengelernt. Wir haben die Tradition Schweiz – Österreich so richtig aufleben lassen. Wir sind ja aus demselben Holz geschnitzt. Und die Reise geht noch weiter. In Alta Badia werdet Ihr von einem Professor begrüsst.

Von einem Professor?
Ja, so ist es. Der nächste Skistar trägt den Decknamen «Professor». Jeder in unserer Skifirma (Fischer Sports, die Red.) weiss, wer damit gemeint ist – nämlich Michael von Grünigen. Er ist für mich nach wie vor ein Riesenvorbild, was den Riesenslalom-Schwung anbelangt. MvG, wie er respektvoll genannt wird, ist ein ruhiger, angenehmer Mensch. Genauso ist er Ski gefahren. Und dies höchst erfolgreich. Ihr werdet noch grosse Augen machen, wenn Ihr mit ihm in Alta Badia die Gran Risa hinunterwandert. Er kennt diesen Riesenslalom-Klassiker wie seine Hosentasche. Es wird interessant sein, nach drei Abfahrtsstrecken etwas über eine technische Disziplin zu erfahren. Viel Spass!

Interview/Bild: Thomas Wälti

 

Reise-Reportage: «Auf den Spuren der vier Ski-Klassiker»

Wir haben die Highlights der Wanderreise in einem spannenden Blog-Beitrag aufgezeichnet. 

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