Perlen des Ostens - Tag 6
Nach Riga muesch higa
Ännchen von Thurau sei Dank. Klaipeda hat doch eine Sehenswürdigkeit. Das musikalische Wahrzeichen der drittgrössten Stadt Litauens ist das gleichnamige Volkslied, das der memelländische Dichter Simon Dach hier komponierte. Auf dem Theaterplatz steht ein Brunnen mit einem Denkmal Ännchen von Thuraus. Nach der Stadtrundfahrt geht die Reise weiter Richtung Riga.
Das musikalische Wahrzeichen Klaipedas: Ännchen von Tharau auf dem Brunnen am Theaterplatz.
Luxuriöse Komfortzone – Helene Fischer ist an Bord
Unterwegs geniessen wir die luxuriöse Komfortzone im Edelliner. Ein paar edelline Gäste gönnen sich im 5-Sterne-Reisebus ein Nickerchen – Platz haben sie dank grosszügigem Sitzabstand und Beinauflage genug. Andere wiederum beschäftigen sich mit dem einzigartigen Unterhaltungssystem am Sitzplatz. Während mein Nachbar Daniel auf dem vor ihm eingesteckten Tablet die Route per GPS verfolgt, wische ich mich durchs Filmangebot. Wobei: Der Streifen vor der Fensterscheibe ist Oscar-verdächtig. Auch ein kleines Spielchen in Ehren kann niemand verwehren: Backgammon, Solitär, Schach – der Passagier ist am Zug. Und – es macht mich atemlos: Helene Fischer ist unter uns! Extra für ihren Gast auf Sitz 1D spielt sie «Zaubermond».
Am Berg der Kreuze ist jeder allein
Die Sendepause ist vorbei – Nijole, unsere coole Reiseleiterin mit trockenem, mitunter sarkastischem Humor, ergreift wieder das Mikrofon. Sie erzählt uns spannende Reminiszenzen aus dem Leben der Litauerinnen und Litauer. Nijole stammt aus dem litauischen Klaipeda.
Allmählich werden wir auf den nächsten Halt eingestimmt: Berg der Kreuze – Litauens Nationalheiligtum bei Siauliai. Nijole wird uns nicht begleiten zu diesem Wallfahrtsort. Sie möchte uns in Ruhe lassen. Am Berg der Kreuze ist jeder mit seinen Gedanken und Gefühlen allein.
Am Eingang werden Holzkreuze in verschiedenen Grössen zum Kauf angeboten. Der Berg der Kreuze sei kein Ort der Trauer hat uns Nijole im Edelliner eingebläut, sondern ein Platz, wo man sich in erster Linie bedanken soll. Am Berg der Kreuze finden Hochzeiten statt, Taufen auch.
Am 7. September 1993 kam Papst Johannes Paul II zum Hügel und zelebrierte die Heilige Messe vor 100'000 Menschen.
Kreuzweg: Jeder ist mit seinen Gedanken und Gefühlen allein.
Gedränge am Hügel
Am Eingang herrscht ein Gedränge. Jeder will die Treppe hoch, vom höchsten Punkt des mit Kreuzen übersäten und etwas verwilderten Hügels ein Foto schiessen und rüber zur Kapelle wetzen. Denn die Zeit kann einem schnell davonlaufen hier – nicht alle Buschauffeure treten so rücksichtsvoll auf wie unser hochgeschätzter Jörg. Mir scheint, dass andere Reisegruppen ihr Programm gnadenlos durchpauken müssen. So wie die Inder und Chinesen, wenn sie aufs Jungfraujoch fahren. Ich verzichte auf den Sprint zur Kapelle.
Bedeutendster Wallfahrtsort Litauens: Berg der Kreuze.
Löwen, Eulen und Bachstelzen
Ich bin froh, dass wir unsere Reise nach Riga wenig später fortsetzen. Bald erreichen wir die Hauptstadt Lettlands. Wir machen noch einen Stadtbummel mit Nijole. Sie zeigt uns romantische Häuser im Jugendstil. Riga gilt als Hauptstadt des Jugendstils in Europa. Der russische Bauingenieur und Architekt Michail Eisenstein war ein Meister dieses Stils. Bei ihm scheint jedes Detail zu stimmen. So weist Nijole auf wunderschön verzierte Fassaden hin. Löwen, Pfaue, Eulen.
Auch von Bachstelzen erzählt Nijole, meint aber die Frauen in Riga, die in Stöckelschuhen durch die Gassen tippeln.
Jugendstil in Riga: Meisterwerk von Michail Eisenstein.
Autor: Thomas Wälti